Mittwoch, 1. Juni 2016

Vom Scheitern, Schirmchen und Schleifchen

Beim diesjährigen Sewing By the Sea gab es nicht nur Stoffe zu tauschen, sondern auch eine Auswahl von Stoffen von Fashion for Designers zu kaufen. Darunter der Schirmchen-Stoff (Mikonosprint, 100% Viskose), der mir schon letzten Sommer vernäht als Blusenkleid auf einem Blog so gut gefallen hat, und den Frau Hobbycouture schon frühjahrstauglich in eine Pam verwandelt hat.

Natürlich ist es nicht so, dass bei mir Stoffmangel herrscht. Aber dieser Stoff MUSSTE mit, ganz klar. Und es sollte ein Blüschen werden - welcher Schnitt allerdings, das würde sich noch zeigen müssen.

Zwei Schnitte hatte ich näher ins Auge gefasst - Leo Bohemian aus Ottobre 05/2013, gezeigt hier, und diesen Schnitt aus Sabrina 01/2013:

Leo Bohemian erwies sich als gut nähbar, gefiel mir im Endergebnis aber nicht für den Schirmchenstoff. Blieb der Sabrina-Schnitt - obwohl ich mit diesen Schnitten und insbesondere den Erklärungen nicht gut zurechtkomme (s. das Drama um mein "Maulwurf-Shirt"). 

Da ich also ein gebranntes Kind bin, habe ich etwas für mich total Außergewöhnliches gemacht - nämlich ein Probemodell genäht aus einem Polystöffchen vom Stoffmarkt. Ursprünglich fand ich den Stoff total klasse und hatte ihn als Viskose in Erinnerung - bei der Verarbeitung traten allerdings alle Nachteile von Kunstfaser zutage.

Um es kurz zu machen - bei dem Probemodell ging so ziemlich alles in die Hose, was in die Hose gehen konnte. Ich hatte die Schnittteile schon vor längerer Zeit zugeschnitten und entgegen der Anleitung den Halsausschnitt der Schluppe mit Vlieseline verstärkt. Bei dem flutschigen Stöffchen habe ich dann mehrfach rechte und linke Stoffseite verwechselt und falsch zusammengenäht. Wo ich es gemerkt habe, habe ich getrennt - und die empfindliche Stoffdiva verzeiht das nicht, sondern zieht Fäden. Dass sie franst wie nix Gutes, setzte dann dem Ganzen noch die Krone auf. Während des Nähens entschied ich dann, dass das Stück ein Probemodell bleiben würde, denn auch die Anfassqualität des Materials während des Nähens war nicht angenehm.

Die Anleitung war erwartungsgemäß  - nämlich mäßig. Verwöhnt von Ottobre-Schnitten, die eine gute Schnittübersicht der einzelnen Modelle bieten, gibt es bei Sabrina mäßig übersichtliche Modellzeichnungen, auf denen das Wesentliche gerade nicht zu sehen ist. Zum Beispiel, wie genau die Schluppe am Halsausschnitt befestigt ist. Und wie stramm die Kräuselung vorzunehmen ist, damit die Schluppe passt. Zwar hat das Schnitteil Markierungen, aber zu welchem der Passzeichen am Halsausschnitt die gehören - Fragezeichen.
Ein Bein habe ich mir auch selber gestellt - da das Material sich nicht mit Overlock rollieren lassen wollte, habe ich den Schlaufenbeleg doppelt gelegt und damit die Schluppe sozusagen in der Breite halbiert. Zusammen mit der Vlieseline ergab das einen fiesen Stehkragen, der sich nicht bändigen lassen wollte.


Insgesamt ein Griff ins Klo - auch die Ärmel erwiesen sich laut Schnitt um 10 cm zu lang, so habe ich die Manschetten gar nicht mehr angenäht, sondern das ganze Ding in die Tonne geworfen.

Dennoch hatte ich einen so großen Erkenntnisgewinn, dass ich mich traute, den kostbaren Schirmchenstoff nach dem vergeigten Sabrina-Schnitt anzuschneiden.
- Ärmel um 10 cm gekürzt
- Schluppe einlagig zugeschnitten
- Alle Belege ganz genau zugeschnitten (dank meines neuen Saummessers kein Problem) - und die 1.5 m Stoff reichten wirklich ganz ganz knapp!

Nach der ausführlichen Proberunde war das Nähen an sich kein Problem mehr. Einkräuseln hatte ich außer beim Probestück bei der Bohemian-Bluse geübt, auch das klappte. Erste Hürde war dann doch das Schluppenteil. Am Originalmodell ist die Schluppe rundum rolliert. Zwar kann ich jetzt einen Rollsaum auch mit dem Rollsaumfuß nähen - aber das Ergebnis gefiel mir null. Während eines Fernsehabends habe ich das lange Schluppenteil dann mit der Hand rolliert (auch das kann ich jetzt) - doch angenäht am Halsausschnitt sah auch das nicht gut aus.


Also habe ich das Schluppenteil doch wieder der Länge nach halbiert, die Bindebänder verstürzt und den Rest an der Halsnaht im Nahtschatten angenäht. Auf dem Foto sieht man noch den handrollierten Saum am Ausschnitt hervorlugen.


Da ich das empflindliche Stöffchen nicht mit meiner brachialen Ovi malträtieren wollte, habe ich - Premiere! - die Bluse mit französichen Nähten genäht. Das hatte Frau Küstensocke bei einem ähnlich empflindlichen  Stoff schon mit Erfolg erprobt. Klappt bei mir gut (außer beim Einsetzen der Ärmel), macht doppelte Arbeit, aber ergibt einen schönen Effekt von innen.


Anders als beim Probeteil gerieten die Ärmel allerdings bannig eng. Die französischen Nähte verschärften das Problem natürlich noch - so saß ich eines sonnigen Sonntags im Garten am Teich, und mein neu erworbener scharfer (!) Nahttrenner wurde in Betrieb genommen. Nun sind die Ärmel zwar immer noch recht knapp, aber tragbar .

Ärmelschlitz, Manschetten und sogar die Knopflöcher fluppten dann wieder wie geschmiert,


 und endlich, endlich, war die Bluse fertig.
Getragen habe ich die Bluse auch schon, und zwar im Urlaub auf Usedom beim Abendessen im Wasserschloss Mellenthin - die Bilder sind auf der Schlossbrücke und am Schlossgraben aufgenommen.


Der Ausschnitt ist zwar ziemlich großzügig, aber durchaus noch im Rahmen, finde ich. Getragen macht auch das Bindeband einen guten Eindruck.


Die Leinenhose ist auch Me-Made, ein UFO aus dem letzten Jahr, dass ich beim Spring-Style-Along am Kragen gepackt habe. Sehr bequem - und in Kombi mit der Bluse hat das Ganze Potenzial zum Lieblingsoutfit 2016.

Mit diesen Eindrücken verabschiede ich mich zum MeMadeMittwoch und geh mal schauen, was heute sonst noch auf dem virtuellen Laufsteg gezeigt wird. Gastbloggerin Nadelbernds Nähkästchen hat einen ähnlich empflindlichen Stoff wie ich vernäht, ihre Ängste vor dem Zuschnitt kann ich sehr gut nachempfinden!

10 Kommentare:

Monika hat gesagt…

Da hast du dir wirklich viel Arbeit gemacht, aber das Ergebnis gibt dir Recht! Ein chices Blüschen!
LG Monika

Unknown hat gesagt…

Die Arbeit hat sich gelohnt, die Bluse sieht sehr chic aus!
LG Carolin

Angela hat gesagt…

Oh ja, dann konntest Du ja alle möglichen Nähtechniken ausprobieren: Rollsaum, Nähen im Nahtschatten, französische Nähte, Kräuseln... ;) Herausgekommen ist auf jeden Fall eine super schöne Bluse. Ich war anfangs auch unsicher, was dazu paßt, aber rot sieht definitiv gut aus dazu!!! LG Angela

Stefi hat gesagt…

Tolle Bluse! Der Stoff ist auch sehr schön dafür! LG Stefi

Brigitte hat gesagt…

Die Mühe hat sich aber gelohnt - tolle Bluse. Und sie steht Dir sehr gut!!
Liebe Grüße Brigitte

Brigitte hat gesagt…

Die Mühe hat sich aber gelohnt - tolle Bluse. Und sie steht Dir sehr gut!!
Liebe Grüße Brigitte

Lottie hat gesagt…

Die Bluse ist klasse! Ich finde den Stoff auch wunderschön und der aussergewöhnliche Schnitt passt gut dazu. Der Ausschnitt ist auf jeden Fall sehr gut tragbar so. Liebe Grüsse, Lottie

Lenelein hat gesagt…

Was lange währt wird endlich gut! Die Bluse ist ganz phänomenal und der Stoff macht Lust auf Strand!

kuestensocke hat gesagt…

Der perfekte Schnitt für den SToff und zusammen mit der roten Hose ein echtes Traumoutfit. Wie schön, dass Du erst eine Probe genäht hast, wäre schade um den schönen SToff gewesen. LG Kuestensocke

Sabine hat gesagt…

Die Schirmchenbluse ist wirklich schön geworden, vielleicht hätte ich den Stoff doch auch im März mitnehmen sollen ;-)