Meinen Bericht über das wunderbare Treffen könnt ihr hier lesen.
Heute will ich berichten, was aus meinem Projekt geworden ist - der Trenchjacke "True Classic" aus Ottobre 02/2014.
Für die Jacke hatte ich mir festen Baumwollstoff - "Mantelstoff 1" aus dem Ausverkauf von Stoffe.de für sagenhafte 7.60 EUR/m ausgesucht. Da der dunkelblaue Stoff eher langweilig ist, sollte dazu ein fesches Futter her - in Form eines leichten Baumwollstoffs mit Nähzubehör als Motiv.
Schon der Zuschnitt der vielen Einzelteile war eine große Herausforderung. Der Oberstoff maß 2.60 m und muste mangels anderer großer Fläche auf dem Wohnzimmerboden zugeschnitten werden.
Mit dem Zuschnitt habe ich mir richtig viel Mühe gegeben, alle Passzeichen kontrolliert, mit weißem Kajalstift auf den Stoff übertragen, alle Teile von links mit der Nummer des Schnittteils markiert, Einlage exakt aufgebügelt und gebügelt, gebügelt, gebügelt.
Am Donnerstagabend machte mein Mäntelchen denn auch schon dolle Fortschritte, und ich war guten Mutes, den Trench an dem Wochenende fertigstellen zu können.
Obwohl ich sonst mit den Ottobre-Schnitten größenmäßig sehr gut zurechtkomme und den Schnitt vermeintlich an meine Maße angepasst habe - von der Schulter zur Taille eine Größe mehr, von der Taille zur Hüfte dann noch mal eine - ergab die Passformkontrolle des fertig genähten Obermantels massive Mängel. Extrem viel zu weit in der Hüfte, und auch im Rücken stand ordentlich viel ab.
Mit goßem Einsatz von Mamamachtsachen und Epilele-Unikat, die sehr professionell absteckten, anschließendem Trennen und neu Nähen konnte Abhilfe geschaffen werden. Damit war der Freitag aber fast schon vertan.
Man muss auch trennen können... |
Mamamachtsachen und Küstensocke konfrontierten mich dann allerdings mit einem Kindheitstrauma - der Mangel brauche SCHULTERPOLSTER!! Was? Die sind so was von 80er! Kommt gar nicht in die Tüte! Aber schließlich beugte ich mich der allgemein herrschenden Meinung und der Unerbittlichkeit der Mitnäherinnen. Ok, der Mantel sollte seine Polster bekommen. Den folgenden Vormittag verbrachte ich mit Frau Vigeliensch und Frau Overluck im örtlichen Stoffladen und beim Belohnungscappuccino. Noch vor dem Mittagessen erhielt ich dann eine Privatstunde von Frau Küstensocke zum Thema "Einnähen von Schulterpolstern", hier für die Nachwelt im Bild festgehalten:
Die nächste Hürde war das Wenden von Gürtel, Ärmel- und Schulterriegeln. Diese waren so schmal und der Stoff so steif, dass es auf meine herkömmliche Methode nicht funktionierte. Aber es gab Abhilfe - eine Mitnäherin hatte ein sensationelles Wendeset von Prym dabei: ein Röhrchen und ein passendes Holzstäbchen, mit dem sich auch widerspenstige Kleinteile einfach wenden lassen.
Andere hatten stattdessen spezielle Zangen aus dem medizinischen Bedarf (solche Dinger zum Entfernen von Tupfern aus dem Bauchraum, ganz bedrohlich) oder sehr lange Pinzetten, ebenfalls aus dem medizinischen Bedarf. Da sieht man mal wieder, wie wichtig es ist, auch mal über den Tellerrand zu schauen. Auch Werkzeug aus dem "Männermarkt" wurde gebraucht.
Nachdem der Obermantel zufriedenstellend saß, und Gürtelschlaufen und Taschen angebracht waren, stand der Samstag im Zeichen des Futters.
Auch das war wieder ein gehöriges Stück Arbeit, zumal beim Verbinden von Futter und Mantel nun doch ein gehöriges Gewicht an der Nähmaschine hing.
Wieder hatte ich treue Hilfe beim Verstürzen des Ärmelfutters (ich hoffe, ich weiß beim nächsten Mal noch den Trick - wir haben den Ärmel zwischen Oberstoff und Futter nach innen / links gezogen und das Futter dann rechts auf rechts an den Ärmel gesteckt und genäht), und auch beim Gehschlitz wurde ich in kleinen Schritten kompetent beraten ("Jetzt machst du das, und dann kommst du wieder." - "Und jetzt machst du das, und dann kommst du wieder" - genau richtig für meinen müden und überforderten Kopf. OK, kann auch ein bisschen am Sekt zu vorgerückter Stunde gelegen haben.)
Sonntagvormittag auf den letzten Drücker ließ ich mich noch bei den Knopflöchern unterstützen und konnte noch vor dem Mittagessen die Knöpfe annähen. So fehlte nur noch die äußere Steppnaht, dennoch war mein Mantel zur Modenschau, die das Nähtreffen abschloss, schon vorzeigbar und ich stolz wie Oskar.
Die Steppnaht habe ich tatsächlich noch am Sonntagabend zu Hause fertiggestellt, da ich den Mantel unbedingt meiner Mutter bei unserem Besuch in der Karwoche vorzeigen wollte. Und hier ist er nun, mein ganzer Stolz:
Trägt sich mit offenem Revers und hochgeschlossen. Und macht auch von hinten eine gute Figur.
Beim Stoffmarkt in Hamburg habe ich mir diese Knöpfe ausgesucht, die dem schlichten Mantel noch einen besonderen Schliff verleihen. Einen davon habe ich mit rotem Kontrastgarn angenäht.
So habe ich auf die kontrastfarbene Naht, die mir Frau Küstensocke vorschlug, verzichtet. Die hätte das Ensemble für meinen Geschmack zu unruhig werden lassen (obwohl ich in der ersten schlaflosen Nacht darüber gegrübelt habe).
Ein Vorteil war, dass es diese schönen Knöpfe in zwei Größen gab - Ärmelriegel und Schulterklappen sollten kleinere Knöpfe bekommen als der Mantel selbst. Außerplanmäßig haben auch die Taschenklappen Knöpfe bekommen.
Dank ganz viel Unterstützung meiner lieben Mitnäherinnen habe ich meinen Trench also fertig bekommen - und sehr sehr viel dabei gelernt. Alleine wäre mir das nie gelungen!
Dafür belohne ich jetzt die treue Leserschaft mit einem Haufen Bilder:
Diese Bilder sind am vergangenen Montag im Garten der Kaisertherme und im Palastgarten in Trier entstanden. Auf dem Weg zu meinen Eltern in den Hunsrück haben wir endlich einmal Trier besucht, wo es am Frühlingsanfang auch schon ganz angenehme Temperaturen und sogar Sonne gab. Mein Mantel kam ganz groß raus dabei.
Hier ist das Futter in seiner ganzen Pracht zu sehen. Shirt und Hose stammen auch aus meiner Werkstatt.
Üblicherweise entstehen meine "Modefotos" (wie der beste Ehemann von allen es bezeichnet) in unserem Garten. Die Location ist nun wirklich ausgelutscht, und weil ich mit meinem ersten Besuch in Trier eine Bildungslücke schließen konnte, die seit über 40 Jahren klafft, will ich euch noch mit ein paar weiteren Bildern
Neben vielen schönen Geschäften (darunter 2 Wollgeschäfte und ein sehr gut sortierter, leider sehr teurer Stoffladen) gibt es in Trier massenweise römisches Erbe - und den Dom. Die Römer haben wir in Ruhe gelassen ;-), aber wenigstens den Dom wollte ich auch von innen besichtigen. Von außen schon sehr imposant (schließlich ist es die älteste Bischofskirche Deutschlands), ist sie von innen für ein romanisches Bauwerk erstaunlich hell und luftig.
Am meisten beeindruckt hat mich die Schwalbennestorgel, die wie angeklebt oben im Kirchenschiff hängt. Eine wahre Pracht. Leider haben wir sie nicht spielen hören, aber der Anblick allein war schon einfach großartig.
Beschaulich war es im Kreuzgang. Ich mag Kreuzgänge sehr gern und fühle mich immer ein wenig wie bei "Der Name der Rose". Kurz nachdem dieses Foto aufgenommen wurde, fiel allerdings eine Grundschulklasse über die Szenerie her...
Im Kirchenschiff stand ein Körbchen mit geweihten Palmzweigen - das ideale Mitbringsel für meine Oma (Palmzweige! Geweiht vom Bischof! Aus Trier!).
Außerdem gibt es den "Heiligen Rock" in einer eigenen Kapelle zu sehen. Sehr selten, zuletzt 2012, wird die Reliquie in der Öffentlichkeit ausgestellt. Ich erinnere mich, dass die Frau meines Onkels, nur wenige Jahre älter als ich, damals eine Wallfahrt nach Trier unternommen hat. Ich dachte so für mich "Donnerwetter, die fährt zu einem Rockkonzert??" - bis ich mich schlau machte und lernte, dass das Ganze mit Musik eher nichts zu tun hat. Der Rest ist Glaubenssache.
Lustig fand ich diesen Straßennamen gleich um die Ecke vom Dom:
Egal, ob der Leibhaftige oder die Feuerwehr hinter einem her ist - Umschauen kann nützlich sein :)
Und da Trier eine überschaubare Stadt ist, kommt man beim Bummel zwangsläufig auch bei der Porta Nigra vorbei:
Mit diesem kleinen Reisebericht, den ich in meinem tollen neuen Mäntelchen erleben durfte, geht mein Beitrag nun zum MeMadeMittwoch - hier zeigt uns LaCouseuse heute eine ganz umwerfende Jacke!
Viel Spaß beim Stöbern!