Das Kleid aus kobaltblauem Leinen ist leider nichts geworden, es liegt immer noch auf dem Stapel "Projekte, über die ich noch mal nachdenken muss". Hier könnt ihr das ganze Drama nachlesen. Vermutlich werde ich es auseinandernehmen, die Paspeln und den Reißverschluss retten und den Stoff spenden.
Aber der Schnitt bekam eine zweite Chance. Nämlich als Bluse.
Den Stoff, eine ganz weiche leichte Viskose in jeansblau mit cremefarbenen kleinen "Hashtags", habe ich bei Traumstoffe in Osnabrück ergattert. Der Laden ist sehr zu empfehlen, mitten in der Fußgängerzone dicht beim Rathaus gelegen, und hat eine Riesenauswahl an Stoffen - vorwiegend an Patchworkstoffen. Hier findet sich auch eine hübsche Kollektion an japanischen Stoffen (wunderschön, aber leider sehr teuer). Zwischen all den Schätzen habe ich die Viskose gefunden, und es war klar - ein Meter muss mit!
Da beim Ameland-Kleid eines der Probleme bei den symmetrischen Ärmeln lag, habe ich die Armkugel und die Ärmel dazu von einem anderen Schnitt "einkopiert" - nun hat Ameland neckische Puffärmel, die mir an der Bluse gut gefallen. Den Ausschnitt habe ich mit Baumwollspitze verziert, was den verspielten Charakter unterstreicht.
Die Bluse sitzt schön locker, den Ausschnitt finde ich genau richtig, und der Stoff ist superluftig und war sehr gut zu vernähen. Trotz Puffärmeln passt die Bluse auch gut unter ein wärmendes Jäckchen - kurz gesagt - ich bin sehr zufrieden.
Da ich mein Blüschen dieses Jahr zum ersten mal ausgefüht habe, als ich Besuch von meiner besten und ältesten Freundin hatte, nehme ich euch nun mit auf einen kleinen Ausflug durch das schöne Lübeck.
Los geht es mit einer Bootsfahrt rund um die schöne Altstadtinsel. Hier warte ich gerade gespannt auf die Ankunft unseres Ausflugsbootes. Im Hintergrund wachsen mir die Türme der Marienkirche aus der Schulter.
Zu Füßen der Kirche sitzt mein neuer Freund:
Als die Lübecker dabei waren, die Marienkirche zu bauen, kam der Teufel des Wegs und fragte, was sie da bauten. "Ein großes Wirtshaus", logen sie, um ihn nicht zu verärgern. Ein Wirtshaus? Ein Ort von Laster und Trunk? Das gefiel dem Teufel, und er half mit, so dass der Bau schnell voranging.
Erst als die Kirche fast fertig war, merkte der Teufel, dass die Lübecker ihn reingelegt hatten. Wütend nahm er einen riesigen Stein, um den Bau wieder zu zerstören. Da sagten sie ihm, sie wollten gleich nebenan wirklich ein großes Wirtshaus bauen, den Ratskeller. Der Teufel ließ den Stein fallen, so dass er dicht neben der Kirche zu liegen kam. Dort liegt er noch heute, und auf ihm sitzt ein Teufel aus Bronze, den der Bildhauer Rolf Goerler 1999 schuf. (Für durstige Kehlen: Den Ratskeller gibt es noch heute, gleich nebenan unter dem historischen Rathaus. Sehr gut essen kann man dort auch :) )
Die Hörner (und auch der große Zeh...) des Teufels sind ganz blank gescheuert, denn man sagt, wer dem Teufel das Horn reibt und sich dabei etwas wünscht, dessen Wunsch geht in Erfüllung.
Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, dass wir sehr viel Spaß bei der Auslegung dieses Aberglaubens hatten. Deshalb lache ich auf dem Foto auch so herzhaft.
Das Holstentor als Wahrzeichen Lübecks haben wir natürlich auch besucht. Immer wieder bin ich total angetan von diesem wuchtigen Bau und wundere mich, dass das Gebäude seit fast 600 Jahren immer noch steht. Denn wenn man es genau betrachtet, ist es in sich ganz schön verdreht, was an dem Sandboden als Untergrund liegt, zusammen mit dem immensen Gewicht der Backsteine, aus denen es gebaut ist.
Miniklein und ohne Sitzplätze, gibt es hier ganze drei Sorten Eis zu kaufen: Vanille, Erdbeere und Schoko. Die Entscheidungsnöte, die einen sonst häufig am Eistresen plagen, kommen hier schon mal nicht auf. Dafür kann man den beiden Damen bei der Eisherstellung zusehen: drei Eismaschinen sind in Betrieb, und hier wird noch echt mit der Hand gearbeitet! Das Eis schmeckt dementsprechend einfach super! Rechts seht ihr einen Sieben-Türme-Becher - mjam!
Zum Abschluss will ich mit euch noch ein paar Eindrücke von meinem geliebten Lübeck teilen.
Ganz oben ist der "Malerwinkel", direkt an der Trave gelegen, mit den mächtigen Türmen des Doms im Hintergrund.
Mitte links: Der Füchtigshof. Die Hansestadt war im Barock schon ganz weit vorne - hier im Füchtingshof durften in den 21 Wohnungen die Witwen von Kaufleuten und Seefahrern mietfrei wohnen und wurden aus Mitteln der Stiftung versorgt, die der Kaufmann und Ratsherr Johann Füchting kurz vor seinem Tod ins Leben rief.
Mitte rechts: der Rosengang. Aufgrund der Platzknappheit auf der Lübeckere Altstadtinsel wurden schon zu Hansezeiten die Hintergrundstücke der Kaufmannshäuser bebaut, um Wohnraum für Gesinde und Angestellte der Kaufleute zu schaffen. Als Zugang wurden die Vorderhäuser durchbrochen, es entstanden die "Gänge", von denen noch über 80 erhalten und viele davon frei zugänglich sind. Die kleinen Ganghäuschen sind sehr beliebt - und im Rosengang kann man sogar eine Ferienwohnung buchen!
Und unten: Der Museumshafen an der Untertrave vor historischen Speicherhäusern.
Zum Schluss noch ein Schmankerl - denn in Lübeck hat man durchaus Humor.
Linkes Foto:
Neben dem Bestatter ist ein Wäschegeschäft. Dessen Vitrine, bestütckt mit einem Traum in pink, grüßt jeden Kunden, der das Bestattungsinstitut besucht.
Rechtes Foto:
Die Caritas sitzt im "Fegefeuer". Diese Straße führt an der Hölle vorbei zum Paradies, durch das man den Dom betreten kann. Es ist also für alle Eventualitäten gesorgt :)
Ach - Lübeck ist einfach immer wieder einen Ausflug wert. Und es gibt auch drei sehr gute Stoffläden in der Altstadt! Na - angelockt? ;)
Mit diesen Eindrücken reihe ich mich wieder ein in die Riege der Selbermacherinnen beim MeMadeMittwoch - hier entlang zum virtuellen Laufsteg. Es begrüßt uns Frau Kleidermanie in einer gepunktenen Rock-Top-Kombination, die mir auch sehr gut gefallen könnte.
4 Kommentare:
Wir waren letztes Wochenende auch zwei Tage in Lübeck!!! Umso toller hier nochmal Deinen Reisebericht zu lesen und die tollen Fotos zu sehen. Schwärm!!! An der Eisbude sind wir x-mal vorbeigekommen, aber wir wußten gar nicht, dass es so von Hand herstellt wird...
Das Shirt gefällt mir super, der Stoff ist ja Klasse! LG Angela
Ja, Lübeck ist immer wieder eine Reise wert und wenn ich meine Schwester, die vor den Toren Hamburgs wohnt, besuche, versuche ich es immer wieder so einzurichten, dass ein Abstecher nach Lübeck drin ist. Und die Stoffgeschäfte kenne ich bestens. Manch schönes Stöffchen wanderte in meine Tasche. Deine Bluse ist eine schöne Sommerbluse geworden. Dieses Blau ist wunderschön und ich dachte anfangs, dass es ein Trachtenstoff ist. Wenn der Sommer denn noch kommt, hast Du die richtige Bluse dafür.
Liebe Grüße Epilele
Ein hübsches Blusenshirt und so konntest du den Schnitt doch noch für dich nutzen.
LG von Susanne
Den Schnitt kenn ich so jetzt nicht als Kleid, aber als Bluse schaut er auf jeden Fall sehr gut aus.
Lg Iris
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