Stralsunder Wellen und eine lange Nacht
Eine liebe Kollegin nimmt Ende des Monats ihren Abschied.
Als
meine liebste Kollegin bekommt sie neben dem offiziellen Geschenk von
mir noch eines extra – ich bin wirklich traurig, dass sie uns verlässt.
Seitdem
ich wieder so intensiv stricke und auch nähe bewundert sie immer voller
Andacht meine Werke. Was liegt da näher, als ihr etwas Selbstgemachtes
zu schenken?
Die
zündende Idee hatte ich spontan und auch etwas spät, nämlich erst Ende
August. Einen Schal soll sie bekommen, und zwar aus einem ganz
besonderen Garn, das schon
seit über einem Jahr in meiner Schatzkiste schlummert:
Findley
Dapple von Juniper Moon Farm, in der Farbe „Macaw“ – was mich an eine
Pfauenfeder erinnert. Das Garn ist einfach eine Wucht. Sehr luxuriös –
50% Seide, 50%
Merino, mit einem sehr edlen Schimmer und leuchtenden, intensiven
Farben. Dabei ganz dünn – ein Knäuel von 100 g hat eine sagenhafte
Lauflänge von fast 800 m. Daher will es auch mit entsprechend dünnen
Nadeln gestrickt werden. Was sich wiederum auf die Zeit
auswirkt, die es braucht, den Schal fertigzustellen. Knapp drei Wochen
habe ich Zeit.
Nach der Eingebung für das Material suchte ich nach Mustern. „Meandering“ von Hayley Tsang Sather
gefiel mir ausnehmend gut und schien auch nicht zu schwierig. Also wurde angenadelt und ein paar Rapporte gestrickt.
Leider
gefiel mir das Ergebnis nicht so recht, und eine schnelle Umfrage auf
Facebook ergab: „Garn frisst Muster“. Zwei Abende verloren – aber nützt
ja nix!
Also habe ich aufgeribbelt und einen neuen Versuch gewagt mit dem Muster „Wellen in pink“
von Sue Berg. Monika hatte dieses Muster schon gestrickt, es gefiel mir
bei ihr schon sehr gut, und es ist wirklich einfach zu stricken. Das
Ergebnis schon nach einem Abend Stricken gefiel mir (und der
Facebook-Gemeinde) dann deutlich besser. Muster und Farbverlauf
gehen gut zusammen:
Damit
ich das schöne Stück, das ja auch noch gewaschen und gespannt werden
muss, rechtzeitig fertig bekomme, stricke ich wirklich in jeder freien
Minute – so auch
auf der Fahrt nach Stralsund, wo mein Mann und ich die Lange Nacht des
offenen Denkmals besucht haben:
Wart
ihr schon mal in Stralsund? – Es lohnt sich! So eine wunderbare Stadt!
Eine Augenweide nach der Sanierung der historischen Altstadt, die es
zusammen mit der
Altstadt von Wismar zum Welterbe gebracht hat. Die Lange Nacht des
offenen Denkmals lässt einen an einem Abend ein bisschen hinter die
Kulissen historischer Gebäude blicken, auch solcher, die man regulär
nicht besuchen würde oder auch kann, weil sie in Privatbesitz
sind. Unsere Unterkunft war die absolute Pole Position, gleich am
Marktplatz und mitten im Geschehen. Von dort war keiner der fast 30
Veranstaltungsorte weit entfernt.
Das Ozeaneum hatte das Pinguin- und
die Ostseeaquarien geöffnet, in der ehemaligen Eisengießerei sorgten
die Stralsunder Trommelschule mit der Gruppe Yooku und
Alino
Yes Papa aus dem Benin für afrikanisches Flair (seither will der beste
Ehemann der Welt eine Trommel – die beiden Gruppen waren aber auch echt
der Hammer!) – als
Kontrast dazu gab es in der großartigen Kulisse der Nikolaikirche zarte
Klänge von Mozart und Haydn, und
im Ratskeller unterhielt Leif Tennemann vom NDR 1 mit Einblicken in das Leben als Telefonschreck.
Ein
absolut buntes, abwechslungsreiches Programm mit über 30
Veranstaltungen, für jeden Geschmack ließ sich etwas finden – nur leider
reichte ein Abend bei Weitem
nicht, alles anzusehen.
Ein
Höhepunkt für mich war das Straßenfest in der Badstüberstraße. Hier
stellen die Anwohner Bierbänke auf, es gibt einen Grill, einen
Getränkestand, aus einem Küchenfenster
wird Kuchen und Kaffee auf die Straße verkauft. Man setzt sich, wo man
Platz findet und ist ruckzuck im Gespräch mit anderen Besuchern und
Anwohnern. Die öffnen teilweise auch ihre Häuser und Ateliers, und man
erhält Einblicke in die Architektur der denkmalgeschützten
Häuser. Was von außen so niedlich aussieht ist von innen eng und
schief, hat steile Treppen und kleine Fenster – aber ist mit viel Liebe
hergerichtet und saniert. Häufig von Wolf-Dieter Thormeier, ein
Restaurator, der zahlreiche Gebäude in Stralsund restauriert
hat und in seine Werkstatt lädt. Durch einen TV-Bericht über Herrn
Thormeier und seine Arbeit sind wir überhaupt auf die Idee gekommen, die
Veranstaltung zu besuchen – und nun steht der Meister in seiner
Werkstatt fachkundig Rede und Antwort. Wie aufregend!
Ach
was war das für ein toller Abend in einer tollen Stadt! Das Wetter
spielte netterweise auch mit, es war trocken und mild, und bei der
Abschlussveranstaltung mit
Feuerwerk und Pyro-Show freuten sich die Besucher über die lauen
Temperaturen.
Auf der Rückfahrt wurde wieder gestrickt - der beste Ehemann der Welt fährt nämlich gerne Auto:
Auf der Rückfahrt wurde wieder gestrickt - der beste Ehemann der Welt fährt nämlich gerne Auto:
Nach
nun einer knappen Woche ist der Schal schon etwas über 60 cm lang. Also
fehlt noch etwa ein Meter, für den ich noch 2.5. Wochen Zeit habe.
Mein
Whippet, der wegen akuter Materialknappheit Pause machen musste, muss
allerdings auch noch vor dem Urlaub fertig werden, denn er soll
unbedingt mit. Aktuell fehlt noch ein Ärmelbündchen, für das ich tatsächlich noch einmal Wolle nachbestellen musste.
Meint ihr nicht auch, manchmal bräuchte der Tag mehr als 24 Stunden, und das Wochenende mehr als zwei Tage?
Meint ihr nicht auch, manchmal bräuchte der Tag mehr als 24 Stunden, und das Wochenende mehr als zwei Tage?
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1 Kommentar:
Ein toller Bericht! Ich drücke dir die Daumen, dass du fertig wirst!!
LG Monika
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